Warum es dir schwer fällt Grenzen zu ziehen – der Ja-Autopilot

Grenzen setzen Beitragsbild

Ich bin unsicher, kannst du mal kurz? Deine Meinung wäre mir echt wichtig, ich weiß nicht so recht.

Nur 5 Minuten, maximal.

Du ich schätze wirklich deinen Rat, aber meinst du nicht … ?!

Nein. Wirklich nicht. Denn ich schätze noch mehr mich selbst. Und deshalb geht es jetzt nicht.

Stille. Damit rechnen die wenigsten.

Jeden Tag werde ich von Leuten gefragt, ob ich nur noch schnell helfen könnte. Da auch ich Hilfe brauche und Hilfsbereitschaft bekanntlich keine Einbahnstraße ist, tue immer mein Bestes, um zu helfen.

Doch manchmal bin ich am Ende des Tages einfach müde. Gepaart mit so einem nagenden Gefühl, dass ich am Ende an keiner meiner mir wichtigeren Aufgaben weiter gekommen bin.

Es ist schwer, Grenzen zu setzen. Wenn wir heranwachsen, wird uns beigebracht, freundlich, hilfsbereit und großzügig zu sein. Es ist schwierig Nein zu sagen, wenn jemand unsere Hilfe sucht. Lange Zeit fehlte es in meinem Wortschatz.

Eine Grenze ist quasi eine unsichtbare Linie, die ich um mich herum ziehe, um festzustellen, was akzeptabel und was inakzeptabel ist. Meine Grenzen sind flexibel, oft fließend und ändern sich ständig, je nach meinen Zielen, Beziehungen und psychischen Zuständen.

Mutter zu sein bedeutete für mich, dass ich strengere Grenzen schaffen musste. Das fiel mir unglaublich schwer, denn meine Eltern setzten ihre Strenge auch physisch durch. Ich stumpfte mit der Zeit ab und habe ich mich nur noch unfrei und despektiert gefühlt. Das wollte ich bei meiner Tochter anders machen. Wir lernten das dann beide auf die harte Tour (nämlich getrennt voneinander), wie wir so zusammen leben können, dass wir unsere Grenzen wahren.

Warum du in den Ja, Autopilot verfällst

Wenn du zu allem Ja sagst, landest du schnell in einem Engagementskreis (um nicht Teufelskreis zu sagen), aus dem du nur schwer wieder herausfindest. Doch trotz der negativen Auswirkungen tun wir uns schwer damit, klare Grenzen zu setzen.

Soziale Konditionierung

Wir neigen dazu, unsere Identität mit unseren Leistungen oder Erfolgen zu verknüpfen:

  • jemandem zu helfen bedeutet, dass du hilfreich bist,
  • verfügbar zu sein bedeutet, dass du ein guter Freund bist,
  • eine Veranstaltung am Arbeitsplatz zu organisieren bedeutet, dass du ein Teamplayer bist.

Perfektionismus

Wir wollen oft unser Bestes für alle und alles geben, was wir uns vorgenommen haben. Deshalb versuchen wir lieber, den zusätzlichen Stress zu bewältigen, als jemanden im Stich zu lassen.

Erziehung

Manchmal ist es quasi wie ein Mangel an Allgemeinbildung in deiner Kindheit. Denn wenn deine Grenzen als Kind nicht respektiert wurden, ist es unwahrscheinlich, dass du als Erwachsener in der Lage sein wirst, dir selbst und anderen Grenzen zu setzen.

Mangelnde Konzentration

Wenn deine eigenen Ziele nicht klar definiert sind, fällt es dir viel leichter, zu allem Ja zu sagen, um dich zu beschäftigen. Das hält deine Illusion von Produktivität aufrecht.

FOMO – fear of missing out

Deine Angst, etwas zu verpassen, hindert dich daran klare Grenzen zu setzen.

  • Was ist, wenn etwas Wichtiges passiert, während ich nicht da bin?
  • Was, wenn die Leute während einer Veranstaltung zusammenkommen und ich nicht da bin?

Aber die ganze Zeit ja zu sagen, erschöpft mich. Mir fehlt dann ausreichend geistige Energie, um mich auf die Ziele zu konzentrieren, die mir wirklich wichtig sind. In Konsequenz verfalle ich in den Autopilot Modus. In eine Art Schwebe, in der ich schon eine Menge Dinge tue, aber meinem Zielen nicht näher komme.

Früher führte das häufig zu Ärger, denn ich gab anderen Menschen die Schuld für meine eigene mangelnde Produktivität. Ich fing an zu grübeln, mied andere Menschen und verzog mich in mein Schneckenhaus.

Bis ich mich dann mal traute zu sagen, was ich möchte, was für mich okay ist oder gar nicht geht. Immer wieder hinfühlen, wahrnehmen und mutig für mich einstehen.

Klare Grenzen zu schaffen und durchzusetzen erfordert Zeit und Übung, doch es lohnt sich durchaus. Untersuchungen zeigen, dass Selbstmitgefühl und klarere Grenzen

  • ein besseres Selbstwertgefühl,
  • mehr geistige Energie und
  • mehr Unabhängigkeit und Handlungsfähigkeit bedeuten.

Durchaus lohnenswert, oder nicht?!

“Boundaries protect relationships from becoming unsafe. In that way, they actually bring us closer together than further apart, and are therefore necessary in any relationship.”
Melissa Coats

Definiere deine Ziele und Werte

Schriftlich. Um klare Grenzen setzen zu können, musst du wissen, was für dich wichtig ist.

  • Willst du Karriere machen?
  • Für deine Familie da zu sein?
  • Ein Unternehmen zu gründen?

Kläre, was du für dich selbst willst. Dann denke darüber nach, was diese Ziele in Konsequenz bedeuten.

Eine Firma zu gründen bedeutet, Geld zu sparen; häufig auswärts in schicken Restaurants essen zu gehen, entspricht vielleicht nicht diesem Ziel.

Für deine Familie da zu sein, läuft konträr zu dem Ziel, jeden Abend mit deinen Kollegen etwas zu trinken.

Deiner Diplomarbeit zu beenden bedeutet darauf zu verzichten täglich unbedingt zwei Stunden am Telefon mit deinem Freund zu reden.

Spitzenleistung im Job zu erbringen heißt auch, Aufgaben abzugeben, Menschen nicht zu unterstützen bei Aufgaben, die nichts mit deiner Arbeit zu tun haben.

Tritt einen Schritt zurück

Wenn du etwas gefragt wirst, schaue auf das große Ganze. Stimmt es mit deinen Zielen überein? Könnte jemand anders dieser Person helfen? Ist es so dringend? Sehr oft wirst du erkennen, dass die Bitte weder wichtig noch dringend ist. Wenn diese Person oder das, woran sie arbeitet, dir etwas bedeutet, ist es in Ordnung zu helfen. Sobald du mit deinen eigenen Aufgaben fertig bist. Und in anderen Fällen ist es okay nein zu sagen. Dann wenn die Bitte nicht mit dem übereinstimmt, was du für dich selbst definiert hast.

Gewöhne dich daran Nein zu sagen

Natürlich ist es leichter gesagt als getan. Aber Nein sagen wird durch Übung leichter. Nein zu sagen bedeutet nicht, unhöflich zu sein. Mach dir einen Zettel, den du immer dann verwendst, wenn du in einer solchen Situation bist, zum Beispiel: Ich würde gerne helfen, aber ich habe im Moment viel um die Ohren und werde nicht in der Lage sein, dem Projekt die Zeit / Aufmerksamkeit zu geben, die es verdient.

Erkläre nicht zu viel

Sei kurz, selbstbewusst und klar. Du brauchst keine lange Erklärung abzugeben, warum du nicht in der Lage sein wirst, zu helfen. Sage einfach, dass es dir leid tut, dass du nicht in der Lage bist, zu diesem Zeitpunkt zu helfen. Sei höflich und komm zur Sache. Die meisten Menschen werden das verstehen.

Wenn Menschen negativ reagieren, denke daran, dass es viele Ursachen haben könnte. Das bist nicht immer du. Genauso wenig bist du das Wundermittel. Sie haben wahrscheinlich viel zu bewältigen, und es ist nicht deine Aufgabe, ihnen bei der Bewältigung ihrer Emotionen zu helfen.

Wenn es jemand ist, der dir nahe steht, und es passiert ständig, hilft vielleicht ein ruhiges Gespräch. Um ihre Erwartungen anzupassen und eure Beziehung gesünder zu gestalten. Wenn es eine einmalige Bitte ist und die Person sich unhöflich verhält, wenn du nein sagst, dann ignoriere es einfach.

Mach weiter und konzentriere dich auf deine eigenen Ziele.

Welche Ziele hast du und wie verfolgst du sie? Magst du sie mir in den Kommentaren verraten? Ich bin gespannt.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen