Trauer ist mehr als Tod: warum das Herz schmerzt & du hinfühlen solltest

trauer

Sicherlich ist Trauern eines der tiefgründigsten und persönlichsten Erlebnisse, die wir als Menschen erfahren. Dieser Prozess ist so individuell wie jeder einzelne Mensch von uns, und es gibt keinen richtigen oder falschen Weg, ihn zu durchleben.

Es ist “nicht nur” der Tod von Herzensmenschen oder Haustieren, der uns aus der Bahn in tiefe Gefühlsabgründe wirft. Obwohl das der Grund ist, der sozial am meisten akzeptiert wird (und man als Arbeitnehmender einen Tag Sonderurlaub bekommt…).

Aber was ist mit

  • der Trauer über die erste große Liebe?
  • meinen Kind das nicht geboren werden durfte?
  • all der Trauer über das, was ich mir selbst schlechtes angetan habe?
  • dem Trauerschmerz, wenn ich mich von Kollegen verabschieden muss wegen Kündigung, Umzug oder Rente?
  • einschneidenden Erlebnissen, die mein Sicherheitsgefühl zutiefst erschüttern?
  • der Trauer über den Menschen, der ich einst war, bevor DAS (was-auch-immer) passierte?

Mit dieser Trauer, die fast alle von uns durchleben, viel zu oft still und leise, wird in unserer Gesellschaft viel zu wenig Platz eingeräumt.

Wir möchten dir hier zur Seite stehen und dir zeigen, dass deine Gefühle wahr, richtig und wichtig sind. Dass du ihnen Raum geben solltest, um letztlich einen Weg zu finden, mit ihnen zu leben.

Es ist okay, nicht okay zu sein, und wir sind hier, um dich daran zu erinnern, dass du auf diesem Weg nicht alleine bist.

Mehr als “nur” Schmerz: Was ist Trauer?

Du fühlst dich niedergeschlagen und bedrückt, ein Gefühl der inneren Leere breitet sich in dir aus: Jede von uns kennt dieses Gefühl der Trauer auf die eine oder andere Weise, gibt Silke Lemhöfer zu.

Doch was genau ist eigentlich Trauer? Lass uns einen genaueren Blick darauf werfen, wann wir traurig sind und wie sich das anfühlt.

Wissenschaftlich gesehen ist Trauer eine komplexe menschliche Emotion, die auf den Verlust von etwas Bedeutsamem oder Wertvollem hinweist.

Wir sind traurig, wenn wir etwas verlieren, das uns wichtig ist. Das kann ein geliebter Mensch sein, eine Beziehung, der Arbeitsplatz oder ein Ort, an dem wir uns wohlfühlen.

Die Art und Weise, wie wir Trauer erleben, ist von Person zu Person und von Situation zu Situation unterschiedlich.

Allen gemeinsam ist jedoch: Trauer bleibt eine der intensivsten und meist unangenehmsten menschlichen Emotionen, die du erfahren kannst. Sie gehört zu unseren Basisemotionen. Und doch ist sie ein natürlicher Prozess, die dir dabei hilft, Verluste zu verarbeiten und dich an neue Lebensumstände anzupassen.

Egal, ob du deine Trauer bewusst durchlebst, oder dich mit einer Tafel Schokolade, einer Fernsehserie oder mit Arbeit ablenkst, weil du glaubst, die Trauer nicht ertragen zu können: Es gibt keine „richtige“ Art zu trauern.

Auf die Dauer wirst du jedoch nicht darumkommen, dich diesen Gefühlen zu stellen und mit der Trauer und dem Schmerz umzugehen. Nur so kannst du dein körperliches und seelisches Gleichgewicht wiederfinden und den Verlust akzeptieren.

Wenn Trauer Gestalt annimmt: unterschiedliche Ausdrucksformen

Trauer ist tiefes und schmerzhaftes Gefühl, das sich in verschiedenen Formen und Intensitäten äußern kann. Häufig geht es einher mit

Traurigkeit: Dieser grundlegende Teil der Trauer drückt sich in Form von Tränen, Niedergeschlagenheit und einem allgemeinen Gefühl der Schwere aus.

Schmerz: Trauer geht oft mit einem starken emotionalen Schmerz einher. Vielleicht spürst du ihn auch körperlich als ein Gefühl des Drucks auf der Brust oder im Bauch.

Leere: Die Trauer kann ein Gefühl der inneren Leere hervorrufen. Du könntest dich verloren und orientierungslos fühlen.

Schuld und Reue: Trauer kann auch Schuldgefühle hervorrufen. Vielleicht wirst du dir vor, nicht genug getan oder gesagt zu haben, bevor der Verlust eingetreten ist.

Wut und Frustration: Neben Traurigkeit können auch Wut und Frustration aufkommen. Du könntest wütend auf die Umstände oder auf die Welt im Allgemeinen sein.

Einsamkeit: Trauer kann ein Gefühl der Isolation und Einsamkeit hervorrufen, selbst wenn du von anderen umgeben bist. Es kann sich anfühlen, als ob niemand wirklich versteht, was du durchmachst.

Physische Symptome: Trauer kann sich auch in körperlichen Symptomen wie Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Erschöpfung, Kopfschmerzen und Muskelschmerzen äußern.

Lange Dauer: Trauer kann über einen längeren Zeitraum anhalten. Die Intensität der Gefühle kann abnehmen, aber die Trauer selbst kann lange Zeit bestehen bleiben und sich in Erinnerungen und bestimmten Momenten wieder bemerkbar machen.

Die 7 wichtigen Phasen im Trauerrozess im Überblick

Wir alle gehen individuell mit Trauer um, jedoch lässt sich beobachten, dass ein Trauerprozess verschiedene Phasen durchläuft, weiß Kathrin Heinrich. Die Psychiaterin E. Kübler – Ross hat hierzu wertvolle Erkenntnisse gewonnen. Ihre Erkenntnisse helfen uns dabei, Trauer- oder auch Veränderungsprozesse zu verstehen.

Trauer kann, je nachdem wie wir mit ihr umgehen können – unterschiedlich lang und intensiv verlaufen.

Die erste Phase der Trauer ist: Schock – kurz nach dem Ereignis sind wir geschockt, finden keinen Umgang mit der Situation.

Darauf folgt eine Phase der Verneinung: Wir wollen nicht wahrhaben, was passiert ist und verneinen alles, was geschehen ist.

Dieser Phase folgt eine Zeit der Einsicht: Wir finden stückweise wieder mehr zu uns und beginnen damit, einzusehen, dass die Situation nicht änderbar ist. Dieses Gefühl geht in eine Phase der Akzeptanz über: Wir sind erstmalig in der Lage, die neue Situation zu akzeptieren. Dies stellt einen Wendepunkt im gesamten Prozess dar. Denn: Ab hier öffnet sich der Blick wieder in eine neue Richtung.

Nach dieser Phase folgt eine Phase des Ausprobierens in der wir erstmalig beginnen, auszuprobieren, wie das Leben jetzt aussehen und gestaltet werden könnte.

Mit erfolgreichem Ausprobieren reift auch schrittweise die Erkenntnis, wie das Leben weiter geführt werden kann, so dass der Trauerprozess schließlich endet: Wir haben die Trauer verarbeitet und mit der Integration der veränderten Lebensumstände in unser Leben, ist ein zukunftsgerichtetes Leben wieder möglich.

Ein unvorhersehbarer Weg: wie lange dauert Trauer?

Sehr wichtig zu wissen: Trauer ist ein sehr individueller Prozess und es gibt auch keine ‘Standardlaufzeit’ von Trauer. Trauerphasen können nicht ausgelassen, oder übersprungen werden.

Soll heißen: Einer trauernden Person ist nicht geholfen, in dem man ihr sagt, dass doch alles nicht so schlimm sei, weil wir trösten wollen. Dadurch lässt sich der Trauerprozess nicht verkürzen, schlimmstenfalls wird er noch verschärft und so verlängert.

Wertvoller ist es, wenn wir mit der Person durch den Prozess gehen, sie begleiten und voller Mitgefühl und Präsenz für sie da sind. Das achtsame und empathische Dasein für die andere Person, das Aufzeigen neuer Perspektiven (zu geeignetem Zeitpunkt!) ist das, was wir als Außenstehende zu der Situation beitragen können.

Mit einfühlsamer Begleitung ist es möglich, Trauerphasen zu verkürzen und vor allem das gefährliche Abrutschen in eine Depression zu vermeiden.

Es ist also wichtig, dass wir in unseren Trauerphasen nicht auf uns allein gestellt sind und auch uns selbst genug Zeit und Raum für unsere Trauer zu geben.

So kann nach durchlebter Trauer mit neuer Perspektive das Leben auch wieder lebenswert sein.

Wege zur Heilung: was ist Trauerbewältigung?

Trauerbewältigung nennt man den Prozess, den man durchläuft, um Trauer in verschiedenen Phasen zu durchleben und zu verarbeiten, erklärt Judith Wachsmann. Trauer ist die Folge von Verlusten und oft verstörenden Erlebnissen, mit denen man lernen muss, umzugehen.

Die Gefühle dazu sind heftig und oft chaotisch – der Körper spielt verrückt. All das kann sehr fordernd sein, gerade, wenn man noch nicht mit solch überwältigenden Emotionen zu tun hatte. Es ist sehr hilfreich, diese Gefühle nicht wegzudrücken, sondern sie anzunehmen und sich ihnen zu stellen.

Zur Bewältigung der Trauer können Rituale sehr hilfreich sein, wie zum Beispiel nach Todesfällen die Totenwache, Gebete, das Bemalen eines Sargs, …

Auch der Beistand und die Anteilnahme anderer Menschen ist (wenn gewünscht) hilfreich.

Sei es im Außen (zum Beispiel, wenn jemand sich um das Mittagessen für die Trauernden kümmert oder die Wohnung putzt) oder auch für das innere Wohlergehen, wenn jemand da ist und mit ihnen über das Erlebte/den Verstorbenen redet. Oder ihre Hand hält und sie den Arm nimmt, damit sie sich ausweinen können.

Professionelle Trauerbegleiter bieten hier eine Menge an: von Collagen erstellen über Malen, Erinnerungen festhalten, positiv belegte Orte besuchen, Dankbarkeitsrituale etc.

All das sind Möglichkeiten, die helfen können, Trauer zu verarbeiten und über das Erlebte hinwegzukommen.

Mehr als du denkst: worüber darf ich trauern?

Diese Frage finde ich – Martha Leverkusabsurd.

Sie scheint bezeichnend für unsere Gesellschaft.

In welcher Welt leben wir, uns zu überlegen, WORÜBER ich trauern darf? Das heißt so viel wie, OB ich trauern darf.

Ist das nicht im wahrsten Sinne des Wortes ver-rückt?

Die Menschen in dieser Gesellschaft (also auch viele von uns) sind von sich selbst ent-rückt.

Wir sind Menschen.

Wir haben Gefühle. Dazu gehört auch die Trauer.

Sie ist nicht besonders salonfähig.

Es sei denn, ein Mensch oder ein Tier, die oder das wir lieb hatten, ist gestorben.

Aber alles andere…“pillepalle“.

Stell dich nicht so an.

Wer sind wir, darüber zu richten, wer über was trauern darf?

Trauer ist ein Gefühl.

Gefühle benötigen Raum. Sie nehmen ihn sich, wenn nötig.

Trauer ist also ein Aus-Druck eines starken Gefühls.

Und nur in der Sichtbarkeit und Spürbarkeit dieser Emotion, kann sie raus und uns entlasten. Sie wird also aus uns ‚herausgedrückt‘.

Schöner ist es, wenn wir sie lassen. Wenn wir die Trauer zulassen, sie rauslassen, uns freimachen können, Stück für Stück.

Trauer darf alles.

Denn ein Gefühl ist niemals falsch!

Deshalb trauere, worüber du trauern möchtest.

Trauere, wo DU Trauer ausdrücken möchtest.

Und der Ausdruck von Trauer macht Raum für etwas Neues.

Raum für Gefühle macht dich menschlich.

Trauer auszudrücken reduziert inneren Druck.

Du DARFST alles. Du brauchst keine Erlaubnis dafür.

Das Schöne an Gefühlen ist ja, dass sie immer mit einem Informationsgeschenk kommen.

Was kann dir deine Trauer mitteilen?

Wenn Trauer sich körperlich zeigt: versteckte Zeichen erkennen

Wenn Trauer nicht verarbeitet, sondern verdrängt wird, hat das massive individuelle Auswirkungen, bis hin zu körperlichen Symptomen, berichtet Judith Wachsmann aus der Praxis.

Kann der Grund der Trauer nicht akzeptiert werden, ziehen viele Menschen sich zurück: sie verlieren die Lust an ihren Hobbies und meiden andere Menschen.

Sie schlafen schlecht und sind deshalb dauermüde, energielos und reizbar. Der Hormonhaushalt ist komplett durcheinander.

Sie können sich schlecht konzentrieren und haben „keine Lust zu nichts“. Manche beginnen zu zittern oder verlieren vor lauter Stress Haare.

Angststörungen und Depressionen sind nicht selten, ebenso wie Verspannungen, Kopfschmerzen bis hin zur Migräne, Kreislaufbeschwerden, Schwindel, Übelkeit und Nervenschmerzen.

Auch die Verdauung kann beeinträchtigt werden – sowohl durch Verstopfung als auch Durchfälle.

Gewichtsabnahme oder -zunahme sind ebenfalls oft Folge von nicht verarbeiteter Trauer.

Auch das Herz kann beteiligt sein: zum Beispiel Engegefühl in der Brust, Herzrasen, Herzstechen oder Broken-Heart-Syndrom.

Viele Menschen greifen in diesen Situationen auch zu Beruhigungstabletten oder Alkohol, die den Schmerz aber nur betäuben und nicht wandeln.

Es ist also mehr als ratsam, Trauer nicht zu verdrängen, sondern sich mit ihr auseinanderzusetzen, sie zu durchleben und zu verarbeiten, damit Körper und Seele heilen können.

Trauer in Dankbarkeit verwandeln: ein persönlicher Erfahrungsbericht

Der Verlust eines Elternteil gehört wahrscheinlich für uns alle zu den tiefgreifendsten Erfahrungen unseres Lebens. Für mich – Jasmin Lotter – war es 2019 soweit.

Die letzten Lebensmonate, in der ich den körperlichen Verfall meines Vaters miterlebte, rückte die Endlichkeit des Lebens schmerzhaft in den Vordergrund. Es erinnerte mich daran, dass auch ich eines Tages von meinen Kindern Abschied nehmen muss.

Als er schließlich starb, überwältigte mich die Trauer schon auf dem Flug von Portugal nach Deutschland. Dicke Tränen kullert mir ununterbrochen die Backen herunter und es war mir völlig egal, was die Mitreisenden dachten.

Als Happiness Trainerin betone ich stets, wie wichtig es ist, all unsere Gefühle wahrzunehmen und einfach zu fühlen.

Trauer ist kaum zu übersehen: Mundwinkel nach unten, herabhängende Augenlider, ein trauriger Blick.

Ich habe meine Trauer nie verborgen, sondern sie bewusst erlebt und mit anderen geteilt. Noch heute kommt mein damals 9-jähriger Sohn zu mir und sagt:

“Ich vermisse Opa.”

Dann nehmen wir uns in den Arm und weinen zusammen. Dieses gemeinsame Teilen tröstet uns beide.

Wenn die Trauer allmählich nachlässt, transformiere ich sie in Dankbarkeit, indem ich mich an die positiven Eigenschaften und gemeinsamen Erlebnisse erinnere.

In meinen Gedanken lebt mein Vater weiter, und wir schwelgen in alten Erinnerungen. Dieses starke Gefühl der Dankbarkeit gibt mir Kraft, und ich bin unendlich dankbar, einen so wunderbaren Vater gehabt zu haben.

Fazit

Wie du siehst, hast Trauer viele Gesichter. Sie ist nicht nur auf den Verlust eines geliebten Menschen beschränkt, sondern kann auch durch Veränderungen im Leben, verlorene Träume oder den Wandel von Beziehungen entstehen.

Wichtig ist, zu erkennen, dass all diese Gefühle normal und ein Teil deines menschlichen Daseins sind. Indem du deine Trauer anerkennst und ihr Raum gibst, erlaubst du dir, zu heilen und mit der Zeit zu wachsen.

Erinnere dich daran, dass es keine Schwäche ist, Hilfe zu suchen oder über deine Gefühle zu sprechen. Du bist nicht allein auf deiner Lebensreise und deiner Trauer.

Sie ist ein Zeichen unserer Liebe, Verbundenheit und Menschlichkeit.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen